Die Frau in der Bibel

1 Fragestellung

«Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.»

(Lohse, zit. nach Gal. 3,28, 1988, S. 65).

 

Handelt es sich bei diesem Zitat lediglich um eine Floskel oder wurde und wird der Mensch tatsächlich unabhängig seines Geschlechts bewertet? Im Rahmen des Moduls «Religion & Religionen» haben wir die Rolle der Frau im Christentum thematisiert, was meinen Wissensdurst nicht gänzlich löschte, da ich mich sehr für die gesellschaftliche Gleichstellung von Mann und Frau interessiere. In der aktuellen Diskussion der geschlechtlichen Gleichstellung wird hin und wieder die Darstellung der Frau in der Bibel kritisiert, wozu ich bisher nur schwach Stellung nehmen konnte, da ich mich bis anhin nur wenig mit dieser Thematik auseinandergesetzt habe. Ausserdem entschied ich mich für dieses Thema, weil ich selbst katholisch sozialisiert wurde und tatsächlich einige private Bezüge zu dieser Thematik herstellen konnte.

Dementsprechend lautet meine Fragestellung:

«Wie wird die Frau in der Bibel dargestellt?»

 

2 Die Schöpfung des Menschen

Beim Lesen der Bibel zeigt sich, dass die Unterscheidung zweier Geschlechter Gottes Wille war. Diese Geschlechterunterschiede sollen nicht nur der Fortpflanzung dienen, sondern auch dazu, dass der Mann von der Frau Hilfe erhält (Burkhardt, o.D., S. 1). In der Bibel steht: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei» (Luther, 1912, 1. Mose, 2.1), was meiner Meinung nach die Interpretationsmöglichkeit offenlässt, dass die Frau nicht ein menschliches Wesen ist und nur um des Mannes Wohl geschaffen wurde.

Gott schuf zuerst Adam, den Mann, aus dessen Rippe dann Eva, die Frau, entstand. Die Frau wurde somit an zweiter Stelle aus einem Teil des Mannes erschaffen, weshalb der Frau eine zweitrangige Bedeutung zugeschrieben werden kann. Dieses Körperteil des Mannes, aus dem die Frau entstand, schien so unrelevant, dass der Mann diesen für das Weiterleben nicht benötigte (vgl. Haag & Elliger, 1990, S. 60). Dieses unrelevante oder gar unnötige Körperteil bietet als Ursprung der Frau keine vielversprechende Voraussetzung.

Eva soll Adam als Hilfe dienen und seine Bedürfnisse befriedigen, doch die Bedürfnisse der Frau werden laut Haag und Elliger in der Bibelgeschichte nicht thematisiert (1990, S. 60). Ausserdem gibt Adam – und nicht Gott - allen Wesen einen Namen und er ist es, der dem weiblichen Menschen die Bezeichnung «Männin» gibt, da «sie vom Manne genommen ist» (Luther, 1912, 1. Mose, 2.1), wobei die Ableitung der gänzlichen Existenz der Frau und ihre Abhängigkeit vom Mann nochmals verdeutlicht wird.

Des Weiteren wird Eva von der Schlange verführt und diese wiederum verführt Adam. Der Frau werden dadurch Eigenschaften wie Neugier, Eitelkeit oder Charakterschwäche zugeschrieben (Haag & Elliger, 1990, S. 61), welche teils noch heute als typisch weiblich gelten. Meiner Meinung nach können hier noch Eigenschaften wie Naivität, Leichtsinnigkeit und Unüberlegtheit, wenn nicht sogar Dummheit herausgelesen werden. Der Mann wird Opfer dieser weiblichen Eigenschaften und es scheint, als ob er für sein eigenes Fehlverhalten nicht beschuldigt wird.

Die Bibel vermittelt somit ein dem Mann untergeordnetes Frauenbild, besonders da «…die Frau in ihrer Existenz von Anfang an auf den Mann hin geschaffen ist» (Burkhardt, o.D., S. 1).

 

3 Jesus und die Frauen

Im neuen Testament werden Frauen als Prophetinnen, Hausgemeindeleiterinnen, Diakoninnen und als Zeuginnen der Auferstehung Jesu beschrieben, was die Rolle der Frau nicht als unwesentlich erscheinen lässt (Burkhardt, o.D., S. 2). Allgemein wurden die «Glieder der Gemeinde Jesu Christi» damals durchaus von beiden Geschlechtern vertreten (Lohse, 1988, S. 65). Pfarrer Burkhardt schreibt, dass Jesus selbst den Frauen in grosser Unbefangenheit begegnete (Burkhardt, o.D., S. 2). Auch Haag und Elliger (1990) berichten, dass Jesus die Frauen niemals abwertete oder kritisierte (S. 57), sondern sie respektierte und die wichtigsten Glaubensinhalte meist an Frauen weitergab (S. 58). Die Verkündung Jesu sowie seine heilenden Taten widmeten sich an Männer und Frauen in gleicher Weise (vgl. Lohse, 1988, S. 65). Im Grossen und Ganzen wird Jesus in der Bibel als Mensch beschrieben, der seinem Gegenüber unabhängig seines Geschlechts mit Würde begegnet.

Im Rahmen dieser Thematik darf dennoch nicht vergessen werden, dass es sich bei den Aposteln, seinen engsten Verbündeten, lediglich um Männer handelte (vgl. Lohse, 1988, S. 65).

 

4 Das schwächere Geschlecht

Als weiteren Hinweis auf die Unterdrückung der Frau in der Bibel bilden die Kapitel des Apostel Paulus, die Sätze wie: «Gleicherweise sollen auch die Frauen ihren eigenen Männern untertan sein», beinhalten (Schlachter, 1952, 1. Petrus, 3.1).

Auffallend ist im neuen Testament eine seiner Aufforderungen, da sie beinhaltet, dass Frauen während dem Gottesdienst eine Kopfbedeckung zu tragen und zu schweigen haben. Pfarrer Burkhardt macht darauf aufmerksam, dass Paulus diese Regel als Schutz der Ordnung für Mann und Frau begründete (o.D., S. 2). Laut Lohse (1988) aber behauptete Paulus, dass die Frau um des Mannes Willen erschaffen wurde, wobei er sich auf die Geschichte von Adam und Eva bezieht, deren Kritik bereits ausgeführt wurde. Ebenfalls wird erwähnt, dass Paulus davon überzeugt war, dass «im Herrn Mann und Frau ein» sind, sich seine Aussagen und Argumentationen aber bezüglich der Frauenrolle manchmal widersprechen (Lohse, 1988, S. 66), weshalb Haag und Elliger (1990) in ihren Texten indirekt zum Vorschein bringen, dass es sich bei Paulus’ Aufforderung um eine Geschlechterdiskriminierung handelt (vgl. S. 59).

Neben Paulus beschrieb auch Petrus die Frau als das schwächere Geschlecht, was einerseits verachtendes Verhalten hervorrufen oder aber auch erkennen lassen kann, dass einer Frau mit respektvollem Umgang begegnet werden soll (Burkhardt, o.D., S. 3), wie es zum Beispiel Jesus getan hat. Doch eine Begegnungsform allein ändert nichts an der Darstellung der Frau an sich, schliesslich ist und bleibt sie das schwächere Geschlecht.

Die Historie der katholischen Kirche beweist, wie sich dieses herabwürdigende Bild der Frau verfestigt hat und dass deshalb den Frauen immer mehr kirchliche Ämter verwehrt blieben (Haag & Elliger, 1990, S. 59).

 

5 Die Frau nach der Bibelzeit

Das Frauenbild in der Bibel entspreche dem tatschlichen Rollenbild der Frau, da sie weniger an Dominanz und Führung interessiert sei als der Mann. Dass es Ausnahmen gäbe, werde auch in der Bibel ersichtlich, so Pfarrer Burkhardt (o.D., S. 3).

Ein anderes Verständnis besagt, die Frau scheine in einigen Bibelpassagen nach ihren biologischen Funktionen beurteilt zu werden, wobei ihr Ebenbürtigkeit, Kreativität und Eigenständigkeit abgeschrieben werden, was sie abhängig vom Mann mache. Noch heute sei die Frau gegenüber dem Mann nicht gleichberechtigt und müsse mit Vorurteilen kämpfen (Haag & Elliger, 1988, S. 62/63). Dementsprechend ist es meines Erachtens nicht verwunderlich, dass noch heute beim Kampf um die Gleichstellung von Mann und Frau die Bibel aus einem kritischen Blickwinkel betrachtet wird.

 

6 Mein Fazit

Daraus resultiert sich, dass der Frau in der Bibel und im Christentum eher wenig positive Eigenschaften zugeschrieben wurden. Die Relevanz der Frau ist in den Bibelgeschichten zwar vorhanden, was auch das Einstiegszitat sowie starke weibliche Persönlichkeiten beweisen, aber sie scheinen neben den ganzen männlichen Charakteren unterzugehen. Die Geschichte der Schöpfung sowie die eher kritische Einstellung des Apostel Paulus gegenüber Frauen bilden dabei nur eine kleine Auswahl an Beispielen, welche meines Erachtens aber sehr vielsagend sind. Besonders die Geschichte der Schöpfung des Menschen ist sehr bedeutsam, da sie Ursprung und somit Basis aller anderen Darstellungen ist.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die Bibel diverse Interpretationsmöglichkeiten offenlässt, wobei die Deutung des Inhaltes massgebender als der Inhalt selbst sein kann. Diesen Aspekt nehme ich persönlich mit, denn nicht jeder gläubige Christ würde die Frau als das schwächere Geschlecht beschreiben.


7 Literaturverzeichnis

 

Burkhardt, Helmut. (o.D.) Mann und Frau – und wie die Bibel sie sieht. Aufgerufen von https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=6&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwj7prLc687eAhVkIcAKHe7PCMoQFjAFegQIBxAC&url=http%3A%2F%2Fbibelarbeit.privat.t-online.de%2Ftestament%2Fneues%2F1_Petrus2_18_3_7.pdf&usg=AOvVaw30xI0w2su8R7O8r0N9cmss

 

Herbert, Haag & Elliger Katharina (1988). Stört nicht die Liebe. Die Diskriminierung der Sexualität – ein Verrat an der Bibel. München, Zürich: Piper Verlag.

 

Lohse, Eduard (1988). Theologische Ethik des Neuen Testaments. In Andersen, C., Jetter, W., Joest, W., Kaiser, O., Lohse, E., Ritter, A.M. (Hrsg.). Theologische Wissenschaft. Sammelband für Studium und Beruf (Band 5,2). Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Verlag W. Kohlhammer.

 

Luther, (1912). Die Erschaffung des Weibes. Aufgerufen von https://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/1_mose/2/

 

Schlachter. (1951). Weisungen für Frauen und Männer. Aufgerufen von https://www.bibel-online.net/buch/dual/schlachter_1951/1_petrus/3/neue_evangelistische/1_petrus/3/

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