Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) – Philippa Perry

 

Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) – Philippa Perry

Dieses Buch hat mich sehr interessiert, da ich immer wieder daran denken muss, was ich bei der Erziehung anders machen würde als meine Eltern. Perry schaffte es einen Ratgeber zu schreiben, welcher nicht nur für Eltern, sondern für alle Menschen in jeglicher Hinsicht hilfreich sein kann.

Man lernt die Wichtigkeit der stabilen und auf Vertrauen und Ehrlichkeit basierenden Beziehung zwischen Eltern und Kind kennen, wobei diverse Mythen aus dem Weg geschafft werden. Man verwöhnt ein Kind nicht, wenn man ihm zuhört und auf seine Gefühle eingeht – dies ist nämlich wichtig für eine gesunde Entwicklung. Ob ein Kind eine sichere, eine unsicher-ambivalente oder eine vermeidende Bindung erfährt, ist entscheidend dafür, wie der Mensch in Zukunft Beziehung eingehen und aufbauen kann (vgl. S. 135).

Schön fand ich, dass Perry niemandem Vorwürfe machen oder jemandem etwas vorschreiben will. Sie will nur aufmerksam machen, wobei sie immer wieder erwähnt, dass niemand fehlerfrei ist. Es gibt schliesslich nicht die Betriebsanleitung für ein Kind, da jedes Kind anders ist und genau darum geht es: Wir dürfen Kinder nicht als «es» sehen, welches wir formen müssen, sondern als ein Individuum, welches sich zwar mit unserer Hilfe aber in seinem Tempo entwickeln wird.

«Meiner Meinung nach sind die glücklichsten Eltern diejenigen, die offen und bereit sind, von ihren Kindern zu lernen und ihre Perspektive zu erweitern, indem sie die ihrer Kinder einnehmen.» (S. 157).

Oftmals schimpfen Eltern mit den Kindern, ohne zu reflektieren, wie sich ihr Kind wohl gerade fühlen muss. Wichtig ist, und nicht nur bei Kindern, sondern z.B. auch bei Partnerschaften, sich gegenseitig zuzuhören, Empathie entgegenbringen und gerade bei Meinungsverschiedenheiten: aus der Ich-Perspektive sprechen. Manchmal spielen auch Erfahrungen aus der eigenen Kindheit eine versteckte, aber zentrale Rolle in Konflikten, weshalb es sich lohnt sich selbst in Konfliktsituationen genauer zu beobachten und zu reflektieren.

Für mich persönlich war gegen Ende des Buches das Thema «Lügen» sehr wichtig, da ich selbst durch die strenge Erziehung meiner Mutter begann zu lügen. Als sie meinen Lügen auf die Schliche kam, führte dies nur dazu, dass meine Lügen immer bessern wurden. Sie hat mich also eigentlich zum Lügen erzogen und dem war ich mir schon vor dem Lesen bewusst, bzw. es war eine Eigenhypothese, die sich dann in dem Buch bestätigte.

Perry erweist sich nicht nur als professionelle Therapeutin, sondern auch als begabte Schriftstellerin. Das Buch war so angenehm zu lesen und es beinhaltet wenig Theorie, aber viel Inhalt und Tipps für den Alltag. Wie gesagt muss man selbst nicht Mutter* oder Vater* sein, um dieses Buch als bereichernd zu empfinden, aber ein gewisses Interesse an Kinder oder Kindererziehung sollte schon vorhanden sein. 

Kritisieren würde ich lediglich, dass in gewissen Kapiteln der Fokus zu stark auf der «Mutterrolle» lag bzw. der Fokus auf der Person, welche das Kind nicht gebärt, unberücksichtigt blieb und genau das hätte mich interessiert. Die schwangere Person ist dem Kind physisch näher und kann daher bereits vor der Geburt eine Bindung aufbauen, was für die andere Person, insofern es eine andere Person gibt, schwieriger ist. Das Kind ist plötzlich da und die nicht-gebärende Person hatte nicht die gleiche Vorbereitungszeit, wie die gebärende Person. So oder so war oftmals der Begriff «Mutter» zwischen die Zeilen gerutscht, aber im Grossen und Ganzen hat sich Perry Mühe gegeben von Eltern zu sprechen oder von erziehenden Personen.

Das Buch kann ich weiterempfehlen, aber wirklich nur an jene, welche ein gewisses Interesse an Kinder, Elternsein oder Pädagogik haben, da es doch fast dreihundert Seiten zählt.

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