Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten – Alice Hasters


«Zu wissen, wo man herkommt in ein Privileg. Es nicht andauernd erklären zu müssen, auch. Zugehörigkeit ist nicht gleich Herkunft» (S. 100).

 

Hasters weist schon zu Beginn des Buches darauf hin, dass sich Rassismus schon seit Jahren in unsere Sprache, Kultur und Geschichte verankert hat (vgl. S. 16), und somit nur schwierig zu vermeiden ist. Doch dies soll auf jeden Fall keine Ausreden sein. Beispielweise müssen wir uns dem «Stereotype Threat» bewusst werden, welcher beinhaltet, dass Menschen mit einem Migrationshintergrund automatisch weniger gefördert werden, da an diese schon im Voraus keine hohen Erwartungen gestellt werden (vgl. S. 70). Viele People of Color (PoC) werden dadurch oft unterschätzt und können daher niemals die gleichen Ziele erreichen wie Weisse oder zumindest nicht zu fairen geschweige denn gleichen Bedingungen. Wie sehr die Hautfarbe eine Rolle spielt – oder eben nicht – beschreibt Hasters im Kapitel «Körper». Weisse sonnen sich, um dunklere Haut zu kriegen und man spricht darüber, wird darauf aufmerksam gemacht und erhält gar Komplimente dazu. Ob und wie sich die Haut von nicht-weissen Menschen verändert, scheint niemanden zu interessieren. Dieser Aspekt fand ich besonders interessant, weil mich eine Kollegin, welche eine dunklere Hautfarbe hat als ich, mal darauf aufmerksam gemacht hat. Vielen Menschen würde es gar nicht auffallen, wenn sie sich sonnt und einen dunkleren Teint erhält.

 

«Eurozentrismus definiert jedoch nicht nur unser gesellschaftliches Schönheitsideal, sondern auch unsere Normvorstellungen» (S. 133).

 

Wie bereits erwähnt, blickt die Welt auf Europa. Europa und vermutlich noch Nordamerika bestimmten, was gerade im Trend ist, was schön ist und was «normal» ist. Colorism, also die Haut aufzuhellen, ist an vielen Orten bereits normal, sowie im asiatischen Raum oft Nasen- oder Augenlieder-Operationen an der Tagesordnung stehen. Verrückt! Neu war mir in diesem Zusammenhang auch der Begriff «White Washing», welcher die kulturelle Aneignung meint: Beispielweise werden afroamerikanische Frisuren oder traditionelle Gerüchte aus Afrika (oder aus anderen nicht-europäischen Ländern) erst anerkannt, wenn Weisse diese zum Trend machen (vgl. S. 86).

Am meisten schockiert hat mich die Erkenntnis, dass es noch heute Sklaverei gibt – damit ist keine indirekte, sondern direkte Versklavung gemeint, in welcher Menschen versteigert und verkauft werden (S. 63). Ebenso erschüttert hat mich, dass bei der Freiwilligenarbeit gar keine Änderungen, wie beispielweise die totale Armutsbekämpfung, angestrebt wird, da diese Freiwilligenprogramme beliebt sind und zu einem profitablen Geschäft geworden sind (vgl. S. 168). Somit steht der Profit dieser Vermittlungsbüros, sowie der Ausweis in einer Bewerbung, dass man sich freiwillig sozial engagiert hat, im Vordergrund, statt tatsächlich etwas Gutes zu tun.

 

Das Buch habe ich innert kurzer Zeit gelesen, da es so einfach und leserlich geschrieben ist. Zudem habe ich wieder neue Perspektiven und Gedanken aufnehmen können und ich habe erneut sehr viel Neues dazugelernt und das obwohl ich mich schon länger mit dem Thema Rassismus befasse. Also egal, wie stark du dich bisher mit diesem Thema befasst hast: Unbedingt lesen!

Es gibt nur einen Satz in diesem Buch, welchen ich so nicht kritiklos annehmen konnte: «Weisse sind also niemals Opfer von Rassismus» (S. 44). Wie sehr ihr das?

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